Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg: Grenzgänger. Die künstlerische Identitätssuche im östlichen Europa

Milica Tomic,Kind im Sessel, © Milica Tomic

"Grenzgänger" auf der Suche nach ihrer originären Substanz und im Streben nach ästhetischer Autonomie waren Künstler spätestens seit der Romantik immer.

Doch mit dem Anbruch der Moderne im "Jahrhundert der Flüchtlinge" (Karl Schlögel) und über die Postmoderne mit ihren Globalisierungsschüben und Vernetzungsqualitäten hinaus hat sich der Status des Grenzgängers als überlebensnotwendige Existenzform in der gesamten Gesellschaft durchgesetzt - ob auf der Flucht vor totalitärer Gewalt oder auf Geschäftsreisen in der weltweiten Kapitalordnung. Im Gegenzug wird die Frage nach der Identität als Kern zunehmend multipler Persönlichkeiten und Kulturen zu einer brennenden. Und wieder sind Künstler Pioniere.

Einen neuen zeitgenössischen Typus des Grenzgängers modellieren die fundamentalen Umbruchs- und Anpassungsprozesse in den ostmittel- und osteuropäischen Transformationsgesellschaften in Folge der Integration in die globalisierte Weltwirtschafts- und Wertegemeinschaft. Vertreter jüngerer und jüngster Künstlergenerationen führen ihr Betroffen- und Involviertsein in radikalen Kunstformen und engagierten Konzepten exemplarisch vor. Sie zeichnet vor den zahllosen Ausdrucksmöglichkeiten heutiger "Westkunst" vor allem eines aus: die Prägung durch eine gesellschaftlich gebrochene Sozialisation (im Wechsel der Gesellschaftsformen), verknüpft mit Grenzgänger-Erfahrungen in der internationalen Kunstszene. Sie führen heute zu einer brisanten, im Westen schon lange vermissten Vertiefung der politischen Aussagekraft künstlerischer Werke und damit zu einem unverzichtbaren kulturellen Substanzgewinn.

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg - als bundesweit einziges Spezialmuseum moderner Kunst, das sich deutscher Kunstgeschichte und Gegenwartskunst im östlichen Europa widmet - ist der richtige Ort für die Präsentation einer breiteren Auswahl beispielhafter künstlerischer Konzepte und Werke zum aktuellen Thema Identität. Vor der Folie einer Sammlung großartiger ostdeutscher Grenzgänger seit der Romantik, wie Lovis Corinth, Otto Freundlich oder Peter Weibel, zeigt die Ausstellung "Grenzgänger. Die künstlerische Identitätssuche im östlichen Europa" (22.09.-26.11.2006) mit Installationen, Video-Projektionen, Fotografien und Konzepten von zwölf herausragenden Künstlern verschiedener Generationen, wie im Erfahrungsfeld von permanentem Selbstentwurf und Selbstverlust das Problem des Seins heute wahrgenommen und gespiegelt wird.

Vorgestellt werden folgende Künstler/innen:

  • Braco Dimitrijevic (CSG/F)
  • Milena Dopitová (CZ)
  • Róza El-Hassan (H)
  • Sanja Ivekovic (CRO)
  • Oleg Kulik (UK)
  • Boris Missirkov und Georgi Bogdanov (BG)
  • Roman Ondák (SK)
  • Dan Perjovschi (ROM)
  • Anri Sala (ALB/F)
  • Ene-Liis Semper (EST)
  • Milica Tomic (SCG).

Die Regensburger Ausstellung - in Zusammenarbeit mit dem Múzeum Ludwig/Museum of Contemporary Art, Budapest und der Kunsthalle Szombathely - wird Anfang 2007 in das Múzeum Ludwig nach Budapest übernommen. Sie wird maßgeblich gefördert von der Kulturstiftung des Bundes. Es erscheint ein dreisprachiger Katalog (deutsch-ungarisch-englisch) mit Texten von Pavel Liška, Kurator der Ausstellung (D/CZ), Martina Pachmanova (CZ), Ileana Pintilie Teleaga (RO) und Georg Schöllhammer (A).

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